Die Armenisch Apostolische Kirche / Հայ Առաք. Եկեղեցի

   

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Die Armenisch Apostolische Kirche

Die  offizielle  Bezeichnung  unserer  Kirche ist:  „Heilige,  Apostolische,  Orthodoxe Kirche Armeniens“. Sie wurde von den zwei Aposteln Christi Taddäus und BartholBartholomäus gegründet und begann in Armenien bereits seit dem 1. Jahrhundert zu wirken. Bis zum Jahre 301 blieb sie im Untergrund, denn Christen wurden damals verfolgt und zahlreiche Christen, u.a. auch die  Apostel Taddäus und Bartholomäus,  fielen als Märtyrer.  Der damalige armenische König Sanatruk brachte sogar seine Schwester Sanducht um. Im Jahre 301 wurde das Christentum dank der unablässigen Bemühungen von Gregor dem Erleuchters und der Unterstützung des armenischen Königs Drtad in Armenien als Staatsreligion anerkannt. So ist 301 das Datum der Gründung der ersten staatlichen christlichen Kirche der Welt.  Zur gleichen Zeit fing in der damaligen Hauptstadt Wagharschapat (ca. 18 Kilometer entfernt von der heutiger Hauptstadt Yerevan) der Bau der Mutterkirche Armeniens St. Etschmiadzin an.

Die offizielle Deklarierung des Christentums als Staatsreligion in Armenien durch  einen  König  bedeutet  jedoch  nicht,  dass  das  Christentum  nach  dem Märtyrertod der Apostel aus Armenien wieder verschwunden wäre.Thadd Missionierungsarbeit der Apostel wurde in den darauffolgenden zwei Jahrhunderten von anderen, die meist mit dem Leben zahlen mussten, fortgeführt. Zahlreiche armenische sowie fremdsprachliche Quellen vor 301 berichten über die Verbreitung und die tiefe Verwurzelung des Christentums in Armenien.

Zweifellos war die Übersetzung der Bibel ins Armenische der entscheidende praktische  Schritt  im  Prozess  der  Bekehrung  Armeniens  zum  Christentum. Die Voraussetzung zu diesem Schritt wurde erst im Jahre 406 mit der Entwicklung des 200px-Mesrob_Mashtots_1885armenischen Alphabets durch den Hl. Mesrop Maschtotz geschaffen. Die darauffolgende umfangreiche Übersetzungsbewegung, tatkräftig unterstützt von Katholikos Hl. Sahak Bartev und König Wramschapuh, brachte eine armenische Nationalliteratur hervor, die sich nicht nur auf die wichtigsten Werke der Kirchenväter beschränkte. Diese Zeit des kulturellen und geistigen Umbruchs in Armenien wird in der armenischen Geschichte als das „goldene Zeitalter“ bezeichnet. Die eigentliche Bekehrung Armeniens fand erst dann statt, nachdem das Volk das Christentum als seinen eigenen Glauben angenommen hatte, vermittelt durch seine eigene Sprache und verankert in seinem eigenen nationalen Leben. Aus diesem Grund bezeichnet Korjun, der Schüler und Biograf des Hl. Mesrop Maschtotz, das 5. Jahrhundert als das Zeitalter der Umwandlung in Armenien.

Das 5. Jahrhundert war jedoch auch ein schicksalhaftes Jahrhundert. Die Armenier mussten die Tiefe ihres christlichen Glaubens unter Beweis stellen. Dies war nicht erstmalig und, wie uns die Geschichte zeigt, ist es auch nicht letztmalig gewesen.

Der Feind war der Sassanidenkönig Yazgert II. (438-457), der neben seinen politischen Bestrebungen Armenien zum Mazdaismus bekehren wollte. Wohlwissend, dass ein Krieg mit den Persern mit einer Niederlage für Armenien enden würde, mussten die  Armenier  ihre Standhaftigkeit  beweisen.  Im Jahre 451 auf dem Schlachtfeld von Awarajr führte der armenischem General (auf armenisch: vartan m fon fistSbarabed) Wartan Mamikonian (370-451) seine Armee gegen das weit überlegene Heer des persischen Königs (auf persisch: Schah). Der General und der grösste Teil seiner Armee mussten ihr Leben um des Glaubens und der Heimat willen hingeben. Die Armenische Kirche gedenkt dieses Ereignisses mit einer grossen Feier, welche heisst „Surp Wartanank“.

Für die Armenier liegt die Wichtigkeit dieses Ereignisses in erster Linie nicht in seiner politischen oder militärischen Wirkung,  sondern viel mehr im Scheitern  des Königs Yazgert II., Armenien zum Mazdaismus zu bekehren. In seinemVartanantz massgebenden Werk „Wartan und der armenische Krieg“ beschreibt der Kirchenvater und Geschichtsschreiber des 5. Jahrhunderts, Yeghisché, die Ereignisse ausführlich. Als Antwort an den persischen König, der sie zwingen wollte, ihren christlichen Glauben zu leugnen, schrieben sie: „Von diesem Glauben kann uns niemand abbringen, weder Engel noch Menschen, weder Schwert noch Feuer, noch Wasser, noch irgendeine Art grausamer Folter“. In seinen letzten Worten vor der Schlacht sagte Wartan Mamikonian zu seinen Kameraden: „Der Feind nahm an, dass wir das Christentum wie ein Gewand anlegen: Nun wird ihm deutlich, das er die Hautfarbe nicht ändern kann“. Es ist eindeutig, dass der christliche Glaube bis zum 5. Jahrhundert ein fester Bestandteil der armenischen gesellschaftlichen Strukturen geworden war.

In dieser prägenden Zeit wurde das Jahr 506 entscheidend für die Entwicklung der Armenisch-Apostolischen Kirche. Sie hat die Beschlüsse des Konzils von Chalkedon (451) endgültig abgelehnt. Der Widerstand der Armenier, abgesehen von den theologischen Gründen, stammte vor allem aus der Sorge um den Erhalt der nationalen Identität. Man betrachtete das Konzil auch als ein politisch motiviertes Mittel, um die expansionistischen Absichten des Byzantinischen Reiches zu verwirklichen und schrittweise die anderen nicht griechischsprechenden Minderheiten zu assimilieren. So wurde das Konzil als eine Bedrohung angesehen. Der christliche Glaube wurde zum Bestandteil des armenischen Schicksals, so dass in späteren Jahrhunderten das Volk und seine Kirche zu einer untrennbaren Einheit wurden. Die Gefährdung des einen bedeutet zugleich die Gefährdung des anderen.

Die Bekehrung Armeniens hat einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf der armenischen Geschichte ausgeübt. Der Geist des Evangeliums leitete das Volk in späteren Jahrhunderten. Auch im Familienleben und in den zwischenmenschlichen Beziehungen galt das Leben und die Lehre Christi als massgebend. Die Lebenseinstellung spiegelt das von Christus gelebte Beispiel wider.

Diese  Einstellung, gefördert durch  die Armenisch-Apostolische Kirche,  fand  ihren Platz in Gallery 2010allen Aspekten des armenischen Lebens: in der Literatur, Architektur, Kunst und Musik. Auch die Philosophie und Wissenschaft blühten durch das Wirken des christlichen Glaubens auf. In der gesamten armenischen klassischen Literatur kann man den Einfluss der Bibel erkennen, die die Inspiration für die gesamte Entwicklung der Literatur vieler späterer Jahrhunderte wurde. Bei ihren Beziehungen mit anderen Völkern waren die Armenier stets von einem Grundsatz geleitet, ihre eigene christliche Lebensart zu bewahren und zu entwickeln.

Gewiss hat die Armenisch-Apostolische Kirche eine tiefe und reiche Vergangenheit, sie gehört aber nicht der Vergangenheit an. Auch heute ist sie lebendig und wirkt im Leben ihres Volkes in Armenien und in der Diaspora. An der Schwelle des 3. christlichen Jahrtausends tritt Armenien in ein neues Zeitalter. Heute in der wiedergewonnenen Unabhängigkeit des Landes und somit auch der Kirche sind Geschichte und Tradition die Grundlage, worauf die neuen Strukturen aufgebaut werden. So gewinnt die Tradition eine Dynamik, die die Dynamik der Zukunft ermöglicht.