Armenien von der Perpsektive einer jungen Armenierin
Bildungsreise Armenien 2016
Es war der Donnerstag 23. Juni 2016 als ich und meine Mutter, welche ebenfalls eine Armenierin ist, allerdings ursprünglich aus Istanbul stammend, unsere Reise nach Georgien/Armenien antraten. Schon viel hatte ich von diesen wundersamen Ländern welche in Mitten des Kaukasus Gebirges liegen gehört, doch noch nie war ich dort. Ich hatte viele Erwartungen und die Neugier hatte mich gepackt. Wie wird es wohl sein? Was werde ich die nächsten 10 Tage mit dem Cevi erleben?
Nun gut, als wir in Tiflis ankamen, war es leider schon sehr spät. Ich konnte es kaum abwarten, wie wohl die Stadt sein würde. War es wie jedes Land des Orients?
Der nächste Tag war schliesslich grossartig. Tiflis war ganz anders als ich es mir jemals erträumt hätte. Es ist der Schmelztegel von modern und alt, von Westen und Osten. Vom Kommunismus der lange in diesem Land präsent war, erkennt man nur wenig.
An diesem Tag war ich das erste Mal an einem georgischen Gottesdienst dabei, wobei ich sagen muss, dass dies der Rahmen meiner Vorstellungen sprengte. Mir war dort noch nicht bewusst, dass es tatsächlich noch andere Arten von Gottesdiensten gibt als Katholische, welche ich hauptsächlich hier aus der Schweiz kannte.
Zusammen mit unserem georgischen “Reisebegleiter“ Resi, welcher ebenfalls im YMCA in Georgien tätig ist, besuchten wir am Samstag Mzcheta, ein Kloster nicht weit von Tiflis liegt, welches der Anfang des georgischen Christentums war. Die Sage der heiligen Nino, welche die Religion ins Land brachte, packte mich sehr und ich war froh, dass wir einen Georgier dabei hatten, der uns viele Insider Infos gab.
Am Sonntag allerding, ging es weiter Richtung Armenien, der Moment auf welchen ich mein ganzes, man muss sagen noch nicht so langen Lebens, gewartet hatte.
Wir fuhren bis zum Kloster Haghbat, welches ich nun als mein Lieblingskloster deklarieren würde. Es war unser erstes Kloster in Armenien, das erste von neune, welche wir besichtigen würden. Die Schönheit, dieses spirituellen und alten Ortes, überkam mich wie eine Welle. Mir standen das erste Mal, und definitiv nicht das letzte Mal dieser Reise, die Tränen in den Augen.
Anschliessend besuchten wir auch noch das Schwesterkloster von Haghbat, Sanahin, welches nicht weit entfehrt war.
Am Sonntag Abend ging es dann Richtung Spitak, zum YMCA Haus, welches mithilfe des Cevi Zürich erbaut wurde. Gefeiert wurde traditionell Armenisch mit viel Essen, was mir allerdings schon bekannt war. Spitak an sich, ist ein eher ärmliches Städtchen. Doch wo alle nur das negative sahen, nämlich eher bescheidene Häuser und kaputte Strassen, konnte ich fast nur das schöne erkennen. Die Schönheit der Landschaft, die Freundlichkeit der Menschen, ich spürte wie ich doch ein Teil war, obwohl ich noch nie selber in Armenien war, es war wie als wär ich zu Hause. An dem Abend spielte ich Schach bei meiner Gastfamilie und obwohl ich kaum armenisch Spreche und eine Niete im Schach bin, bereitet mir es grosse Freude.
Die nächsten Tage waren pure Informationsfluten. Unsere Reise verlief über Sewansee, ins Gebirge über den Selim-Pass bis nach Garni und Tatev. Viele wunderschöne Klöster, Städtchen und Landschaften standen die nächsten fünf Tage auf dem Programm.
Schliesslich gelangten wir nach Yerevan, wo sich das Programm etwas änderte. Wir Besuchten an einem Tag das Genozid Museum, welches wie erwartet, ein einmaliges Ereignis war für alle von uns. Es lief mir während des ganzen Museumsaufenthalt einen Schauer den Rücken hinab. Der Anblick der vielen schrecklichen Bilder und Videos, trafen mich wie ein Schlag, mitten ins Herz.
Doch zum Glück gab es danach ein Kontrastprogramm und wir besuchten die Megarian Teppich Fabrik. Ich bewundere zu tiefst das Talent, das diese Frauen haben müssen, um einen Teppich von Hand so präzise knüpfen zu können. Was natürlich auch sehr von unserer Kultur abweicht ist das heruntermarkten des Preises. So wollten sie in der Fabrik meiner Mutter z.B einen Teppich für nur 250 Dollars andrehen. Spezieller Preis 250 statt 300; „Just for you because you are Armenian!“
Doch tatsächlich bemerkte ich auch später bei der Vernicage, der grosse Bazarplatz von Yerevan, dass ich oft einen Armenier Bonus hatte. Einige Dinge bekam ich sogar geschenkt, einfach nur weil ich ein Schwätzchen gehalten hatte mit älteren Damen, die so froh waren, dass eine Armenierin aus dem Westen das “Heimatland“ besucht.
Am letzten Tag schliesslich, ging es nochmals zu drei Kirchen. In Etschmiadzin, welches der Vatikan der armenischen Kirche ist, sahen wir zum ersten Mal auf unserer Reise eine Kirche, welche nicht zerstört oder spärlich dekoriert war, sondern mit einigen Fresken schön geschmückt und voller stolz präsentiert wurde.
An diesem Abend, gab es noch ein grosses Goodbye bzw. Welcome essen, für die Berner Reisegruppe die nach uns die gleiche Tour nochmals rückwärts machen würde.
Es war für mich schwer Abschied zu nehmen, von allen den vielen herzlichen Menschen welche wir kennengelernt hatten. Noch schwerer war es, endgültig wieder zurück ins Flugzeug zu steigen.
Ich träumte in jener Nacht, als wir wieder in der Schweiz waren von Armenien.
Es wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein…
von Amber-Louise Renold
Oberrohrdorf/ AG